Haarausfall durch Creatin: Mythos oder Wahrheit?
Redaktion, 28. JUNI 2022 | aktualisiert am 15.04.2025

Creatin ist vor allem unter Kraftsportlern ein beliebtes Nahrungsergänzungsmittel
Creatin ist eines der beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel unter Kraftsportlern – es soll die Muskelkraft steigern und das Training effektiver machen. Doch trotz seiner Beliebtheit hält sich hartnäckig ein Gerücht: Creatin soll Haarausfall verursachen. Was steckt hinter dieser Annahme? Ist sie wissenschaftlich fundiert oder handelt es sich nur um einen Mythos? In diesem Artikel beleuchten wir, wie Creatin wirkt, was die Studienlage zu Haarausfall sagt und für wen die Einnahme tatsächlich sinnvoll ist.

FORSCHUNG
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Was ist Creatin und wozu wird es benötigt?
Creatin (Kreatin) ist eine wichtige Säure, die sich überwiegend in den Muskelzellen befindet. Sie besteht aus den drei Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin und wird vom Körper in der Leber, den Nieren und der Bauchspeicheldrüse produziert. Creatin versorgt die Muskeln mit Energie - eine Einnahme von Creatin soll dementsprechend für eine Kraftsteigerung sorgen und auf diese Weise den Muskelaufbau unterstützen.
Der Körper selbst bildet etwa 1-2 Gramm Creatin täglich. Über die Nahrung kann Creatin durch Fisch, Eier und rotes Fleisch zugeführt werden, wobei durch das Erhitzen ein Großteil des enthaltenen Creatins zerstört wird. Sehr aktive Menschen oder Leistungssportler haben einen Tagesbedarf von 3-5 Gramm Creatin, der über eine normale Ernährung nur schwer abzudecken ist. Daher nehmen immer mehr Sportler und Fitnessbegeisterte Nahrungsergänzungsmittel zu sich.
Verwechslungsgefahr: Creatin ist ein Stoff, der aus verschiedenen Aminosäuren gebildet und von den Muskeln benötigt wird. Deswegen ist es vor allem im Kraftsport eine beliebte Nahrungsergänzung. Ceratin hingegen ist ein Faserprotein, das der Hauptbestandteil der menschlichen Nägel und auch Haare ist. Ceratin sorgt für kräftige Haare.
Wie wird Creatin eingenommen?
Da der Mensch selbst Creatin bilden kann, spricht man von einem nicht-essentiellen Stoff. Dementsprechend könnte man eine Leistungssteigerung und einen Muskelaufbau auch erzielen, indem man viel Muskelfleisch verzehrt. Die Menge an Fleisch, die verzehrt werden müsste, wäre aber zu groß und daher ungesund. Daher greifen viele Sportler zur Creatin Supplementierung.
Es gibt zahlreiche Creatin-Produkte von verschiedenen Herstellern. In den meisten Fällen wird Creatin als Pulver angeboten, doch auch als Kapseln ist die Nahrungsergänzung erhältlich. Als sogenannte Health Claims, also gesundheitsbezogene Aussagen über die Wirkung, von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassen, ist die Aussage, dass “Kreatin erhöht die körperliche Leistung bei Schnellkrafttraining im Rahmen kurzzeitiger intensiver körperlicher Betätigung [erhöht]”. Bedingung ist eine Einnahme von täglich 3 Gramm Creatin. Für den Muskelaufbau empfiehlt sich eine Creatinzufuhr von 3-5 g am Tag.
Creatin wird regelmäßig, auch an trainingsfreien Tagen eingenommen. Die Tageszeit ist unabhängig, viele Sportler nehmen es oft kurz vor oder direkt nach dem Sport. Wichtig ist, dass man das Kreatin mit reichlich Flüssigkeit zu sich nimmt und auch den restlichen Tag über genügend trinkt, da Creatin Wasser bindet. Empfehlenswert ist die Einnahme zusammen mit kurzkettigen Kohlenhydraten wie z.B. Traubensaft. Das Creatin soll so schneller zu den Muskeln gelangen und auch das ausgeschüttete Insulin soll bei der Aufnahme helfen.
Für gewöhnlich wird Kreatin über einen Zeitraum von etwa 8-12 Wochen eingenommen und danach wieder abgesetzt. Nach einer Pause von rund 6 Wochen kann eine erneute Einnahme erfolgen. Diese Art der Creatin-Kur soll den Muskelaufbau optimal unterstützen.
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Creatin und Haarausfall?
Die Behauptung, dass Creatin Haarausfall auslöst, sorgt seit Jahren für Verunsicherung – vor allem unter jungen Sportlern. Doch worauf basiert dieses Gerücht eigentlich? Und gibt es tatsächlich biologische Mechanismen, die diese Annahme stützen könnten?
Creatin, Hormone und Haarwurzeln: Wo ist die Verbindung?
Creatin selbst ist kein Hormon, sondern eine organische Verbindung, die aus Aminosäuren besteht. Es wird vom Körper produziert und spielt eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung der Muskeln – vor allem bei kurzen, intensiven Belastungen wie Krafttraining. Mit dem Hormonhaushalt hat Creatin auf direktem Wege nichts zu tun.
Allerdings entsteht die Vermutung, Creatin könne indirekt auf den Hormonspiegel wirken – insbesondere auf das sogenannte Dihydrotestosteron (DHT), ein Abbauprodukt von Testosteron. DHT ist bekannt dafür, bei genetisch veranlagten Personen die Haarfollikel zu verkleinern, was zu androgenetischer Alopezie (erblich bedingtem Haarausfall) führt. Wenn also ein Stoff den DHT-Spiegel erhöhen würde, könnte das theoretisch den Haarausfall beschleunigen – vorausgesetzt, die genetische Veranlagung ist vorhanden.
Warum hält sich das Gerücht so hartnäckig?
Der Ursprung liegt in einer kleinen südafrikanischen Studie, die vor einigen Jahren veröffentlicht wurde. Dort wurde bei Sportlern nach der Einnahme von Creatin ein Anstieg des DHT-Spiegels gemessen. Obwohl der Wert im Normalbereich blieb, hat diese einzelne Untersuchung den Mythos geprägt, dass Creatin für Haarverlust verantwortlich sei.
Was oft nicht erwähnt wird: Diese Studie wurde nie wiederholt oder durch größere Untersuchungen bestätigt. Weitere Studien zu Creatin zeigen keine signifikanten Effekte auf Testosteron oder DHT. Dennoch sorgt die mediale Aufmerksamkeit rund um die damalige Untersuchung bis heute für Unsicherheit – vor allem, weil Haarausfall ein sensibles Thema ist, das viele emotional betrifft.
Andere mögliche Gründe für Haarausfall bei Sportlern
Tatsächlich kann Haarausfall bei aktiven Menschen viele Ursachen haben – oft ohne jede Verbindung zu Creatin. Dazu gehören:
Intensiver körperlicher Stress: Übertraining kann den Hormonhaushalt stören und temporären Haarausfall auslösen.
Diäten und Nährstoffmangel: Wer stark auf Kalorien oder bestimmte Nährstoffe verzichtet, riskiert eine Unterversorgung – vor allem mit Eisen, Zink oder Biotin.
Schneller Muskelaufbau: In Phasen von starkem körperlichen Wandel (z. B. Massephasen) reagiert der Körper manchmal mit „Stresssymptomen“ wie Haarausfall.
Veränderte Supplementierung: Oft wird Creatin nicht alleine eingenommen. Pre-Workout-Booster, Testosteron-Supports oder anabole Substanzen können den Hormonhaushalt weit stärker beeinflussen als Creatin.
Für wen eignet sich Creatin?
Die Creatin Supplementierung wird hauptsächlich im Fitnessbereich eingesetzt. Es kann einen positiven Effekt auf die Muskelleistung und den Muskelaufbau haben, dieser muss aber nicht bei jedem Menschen eintreten. Besonders, wenn der Trainingserfolg mit der Zeit stagniert, kann die Einnahme von Creatin nützlich sein.
Generell ist die Einnahme von Creatin nur für sehr sportliche Männer und Frauen wirklich sinnvoll, wobei auch bei Senioren ein positiver Effekt auf den Muskelaufbau zu erreichen ist. Das Krafttraining kann sich bei Personen im Alter über 55 Jahren steigern, sofern täglich 3 Gramm Kreatin eingenommen und mindestens 3-mal wöchentlich Krafttraining betrieben wird.
Es wird auch geforscht, ob Nervenerkrankungen wie Morbus Parkinson mit Creatin behandelt werden können. Vermutlich kann es neben der körperlichen Fitness auch zur Erhaltung der geistigen Fitness genutzt werden, da es die Durchblutung im Gehirn verbessert.
Nicht geeignet ist Kreatin für Personen mit akuten Nierenerkrankungen oder Menschen mit einem erhöhten Risiko für Nierenkrankheiten (z.B. bei Diabetes oder Bluthochdruck).
Hat Creatin Nebenwirkungen?
Creatin ist im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel ein gut erforschter Stoff, der arm an Nebenwirkungen ist. Bei übermäßiger Einnahme kann es zu unerwünschten Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall kommen.
Klassisch kommt es durch die Creatineinnahme oft zu einer Gewichtszunahme, da sich Wasser in den Muskeln einlagert. Ob und wie viel Wasser eingelagert wird, ist von Person zu Person unterschiedlich. Sobald die Einnahme abgesetzt wird, wird auch das Wasser wieder ausgeschwemmt. Je mehr Creatin eingenommen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Wassereinlagerungen.
Auch bei einer langfristigen Einnahme gibt es keine weiteren Nebenwirkungen oder gesundheitlichen Risiken.
Welche weiteren Mythen über Creatin gibt es?
Creatin gehört zu den am meisten erforschten Nahrungsergänzungsmitteln – und trotzdem kursieren noch immer viele Mythen rund um dessen Wirkung und Sicherheit. Wir nehmen die häufigsten Aussagen unter die Lupe und klären, was wirklich stimmt.
Mythos 1: Creatin schädigt die Nieren
Immer wieder hört man, dass Creatin langfristig die Nieren belasten soll. Doch Studien zeigen: Bei gesunden Menschen gibt es keine Hinweise auf eine Schädigung der Nierenfunktion durch die Einnahme von Creatin – selbst bei dauerhafter Nutzung. Personen mit bereits bestehenden Nierenerkrankungen oder einem erhöhten Risiko (z. B. durch Diabetes oder Bluthochdruck) sollten die Einnahme jedoch nur nach ärztlicher Rücksprache beginnen.
Mythos 2: Creatin ist ein Steroid
Ein häufiger Irrglaube ist, dass Creatin ein anaboles Steroid sei – vermutlich, weil es mit Muskelwachstum in Verbindung gebracht wird. Tatsächlich ist Creatin ein körpereigener Stoff, der aus Aminosäuren besteht und keine hormonelle Wirkung hat. Es wirkt also nicht wie ein Steroid, sondern unterstützt die Energiebereitstellung in den Muskelzellen.
Mythos 3: Creatin verursacht sofortige Gewichtszunahme durch Fett
Tatsächlich nehmen viele Menschen nach Beginn einer Creatinkur etwas an Gewicht zu. Das liegt allerdings nicht an Fett, sondern an Wassereinlagerungen in den Muskeln – ein völlig natürlicher und reversibler Effekt. Sobald die Einnahme beendet wird, normalisiert sich auch das Körpergewicht wieder. Creatin selbst hat keinen Einfluss auf den Körperfettanteil.
Fazit: Macht Creatin Haarausfall?
Auch wenn eine einzige Studie einen möglichen Anstieg des DHT-Spiegels unter Creatineinnahme festgestellt hat, fehlt es bislang an belastbaren Beweisen dafür, dass Creatin tatsächlich Haarausfall verursacht. Die Studie weist methodische Schwächen auf, und weitere Untersuchungen konnten den Effekt nicht bestätigen. Für gesunde Menschen ist Creatin nach heutigem Stand ein sicheres Nahrungsergänzungsmittel mit potenziellem Nutzen für Kraft, Leistung und Muskelaufbau – auch ohne Angst vor Haarausfall. Wer jedoch genetisch zu androgenetischer Alopezie neigt, sollte den eigenen Hormonhaushalt im Blick behalten und sich bei Bedenken ärztlich beraten lassen.
Häufige Fragen
Sollte man Creatin vor oder nach dem Training nehmen?
Creatin kann kurz vor oder kurz nach dem Training eingenommen werden, eine Regel gibt es dabei nicht.
Creatin Tabletten, Kapseln oder Pulver?
Creatin Kapseln und Tabletten lassen sich einfacher handhaben und einnehmen, als Pulver. bei Schluckproblemen ist Pulver die bessere Wahl. Außerdem gelangt Pulver schneller in den Blutkreislauf.
Verursacht Creatin Nierenschäden?
Creatin kann zu Nierenschäden führen, wenn hochdosierte Präparate eingenommen werden und die Flüssigkeitszufuhr zu gering ist. Dann wird überschüssiges Creatin eingelagert und bereitet Probleme.
Gibt es Creatin in der Drogerie zu kaufen?
In einigen ausgewählten Drogeriemärkten ist Creatin erhältlich, wie z.B. Rossmann und Müller.
QUELLEN
- Hull, M. (2022, 30. Mai). Does creatine cause hair loss? https://examine.com/nutrition/does-creatine-cause-hairloss/
- EFSA. (2016). Creatine in combination with resistance training and improvement in muscle strength: evaluation of a health claim pursuant to Article 13(5) of Regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal, 14(2). DOI: 10.2903/j.efsa.2016.4400
- Kreider, R.B. et al. (2017). International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 13(14), 1-18. DOI: 10.1186/s12970-017-0173-z
- Van der Merwe, J., Brooks, N.E. & Myburgh, K.H. (2009). Three weeks of creatine monohydrate supplementation affects dihydrotestosterone to testosterone ratio in college-aged rugby players. Clinical Journal of Sport Medicine, 19(5), 399-404. DOI: 10.1097/JSM.0b013e3181b8b52f.
