Haarausfall durch Pille: Wachsen die Haare wieder nach?
Redaktion, 22. JUNI 2022
In Sachen Empfängnisverhütung ist die Antibabypille oder kurz Pille für viele Frauen das erste Mittel der Wahl. Das Mittel ist lange erprobt und nach dem Hormonimplantat bzw. der Hormonspirale eines der sichersten Verhütungsmittel. Doch die Liste der unangenehmen Nebenwirkungen ist lang. Bei vielen Anwenderinnen ist die Furcht vor Haarausfall nach dem Absetzen der Pille besonders groß, weshalb der Wechsel zu einer alternativen Verhütungsmethode oft hinausgezögert wird. Warum das Haar durch die Pille ausfällt und ob es wieder gesund nachwächst, klären wir in diesem Artikel auf.
FORSCHUNG
Haarausfall bei Frauen: Dieses Hausmittel hilft
Anstelle den Haarausfall mit verschreibungspflichtigen Mitteln zu bekämpfen, die starke Nebenwirkungen haben, vertrauen viele Betroffene auf die Kraft der Hausmittel. Richtig ausgewählt und angewendet können Hausmittel wirksame Helfer im Kampf gegen das dünner werdende Haar sein.
Hormone als Ursache für Haarausfall
Der plötzliche oder allmähliche Verlust von Haaren ist ein weit verbreitetes Problem sowohl unter Männern, als auch unter Frauen. Insbesondere bei Frauen gilt Haarausfall noch immer als Tabuthema und die Scham unter Betroffenen ist groß.
Haarausfall tritt in verschiedenen Formen aus und auch die Ursachen sind vielfältig. In den meisten Fällen sind hormonelle Schwankungen bzw. Veränderungen der Grund dafür.
Androgenetische Alopezie
Zu den häufigsten Formen von hormonellem Haarausfall gehört die androgenetische Alopezie. Sie nimmt eine Sonderstellung unter dem hormonbedingten Haarausfall ein, denn sie ist erblich veranlagt.
Beim erblich bedingten, hormonellen Haarausfall liegt bei den Betroffenen eine Unverträglichkeit der Haarwurzeln gegenüber Dihydrotestosteron (DHT) vor. DHT ist die biologisch aktive Form von Testosteron. Die Umwandlung von Testosteron zu Dihydrotestosteron erfolgt durch das Enzym 5-alpha-Reduktase. Liegt anlagebedingter Haarausfall vor, reagieren die Haarfollikel überempfindlich auf das männliche Geschlechtshormon. Das ist nicht nur im männlichen Körper vorhanden, sondern auch im Hormonspiegel einer Frau. Die Folge: Allmählich verkümmert die Haarwurzel und der Wachstumsprozess wird gestoppt, bis das Haar schließlich ausfällt. Oft wächst es nur noch sehr dünn und kurz oder gar nicht mehr nach.
Die androgenetische Alopezie verläuft bei Männern in einem typischen Muster: Zunächst bilden sich Geheimratsecken, dann lichtet sich allmählich die Krone bis im laufe der Zeit der gesamte Oberkopf kahl wird.
Bei Frauen, die vom erblichen, hormonellen Haarausfall betroffen sind, ist der Haarausfall diffus. Erst lichtet sich die Scheitelregion und breitet sich gleichmäßig über den gesamten Kopf aus, sodass die Kopfhaut allmählich sichtbar wird. Das Haar dünnt stark aus und wird fusselig.
Hormonveränderungen
Hormone können Haarverlust auch auf andere Art und Weise verursachen. Die Rede ist von hormonellen Schwankungen, die vor allem Frauen betreffen.
Das bei Frauen vorherrschende Geschlechtshormon ist Östrogen. Das Hormon steuert u.a. den Wachstumszyklus der Haare und den Zellteilungsprozess in den Haarfollikeln. Im Laufe des Lebens durchläuft der Hormonspiegel einer Frau zahlreiche Veränderungen. Es beginnt mit einem steigenden Östrogenspiegel in der Pubertät, ebenso in der Schwangerschaft und endet mit einem drastischen Abfall mit dem Beginn der Wechseljahre. Hinzu kommen die zyklusbedingten Schwankungen und Veränderungen durch Hormonpräparate wie die Pille. Das wirkt sich auch auf das Haarwachstum aus.
Haarausfall und dünner werdendes Haar ist für viele Frauen nach der Schwangerschaft und in der Menopause ein Thema. Hier sinkt der Anteil der weiblichen Geschlechtshormone und der Einfluss der männlichen Geschlechtshormone steigt. Ähnlich ist es beim Absetzen der Pille. Der Hormonhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht und muss sich wieder einpendeln.
Haarausfall durch Pille
Die Antibabypille steht aufgrund ihrer Nebenwirkungen seit vielen Jahren in der Kritik. Viele Frauen nutzen die Pille nicht nur als Kontrazeptivum, sondern auch als Medikament für ihre Haut z.B. bei Akne. Die stetige Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken spiegelt sich auch im Verhütungsverhalten der Deutschen wieder: Risikoreiche Pillen werden immer seltener verschrieben und eingenommen. Abgesehen von Beschwerden über Libidoverlust, Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme klagen viele Frauen während und nach der Einnahme über eine Nebenwirkung - Haarausfall.
Haarausfall während der Einnahme der Pille
Bei der Antibabypille gibt es nicht “die” Pille. Man hat die Wahl zwischen östrogenfreien Pillen und Kombinationspräparaten. Tritt der Haarausfall während der Pilleneinnahme auf, so sind die östrogenfreien Minipillen in den meisten Fällen der Verursacher.
Östrogenfreie Minipillen enthalten nur Gestagene. Gestagene sind Steroidhormone bzw. Gelbkörperhormone. Sie verhindern nicht den Eisprung, bilden aber einen Schleimpfropf und verhindern den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut.
Zwar handelt es sich bei Gestagenen um weibliche Sexualhormone, allerdings kommen in Minipillen häufig Gestagene mit androgener Wirkung zum Einsatz wie z.B. Levonorgestrel und Desogestrel. Das bedeutet, dass sie wie männliche Geschlechtshormone wirken bzw. die Produktion männlicher Hormone fördern. Steigt der Anteil dieser Hormone, wird der Wachstumsprozess der Kopfhaare beeinflusst und es kommt vermehrt zu Haarausfall. Zugleich wird oft von einer Zunahme der Körperbehaarung berichtet.
Haarausfall nach Absetzen der Pille
Beschwerden über Haarausfall durch die Pille häufen sich nach dem Absetzen. In diesem Fall ist es nicht die östrogenfreie Minipille, die das Problem verursacht, die Kombinationspille.
Die Kombipille oder auch Mikropille setzt sich aus dem Östrogen Ethinylestradiol und einem Gestagen wie z.B. Levonorgestrel zusammen. Ihre Einnahme verhindert im Gegensatz zur Minipille den Eisprung und erzeugt zähen Zervixschleim, der das Eindringen von Spermien erschwert. Das Kombinationspräparat erhöht den natürlichen Östrogenspiegel und sorgt bei vielen Anwenderinnen für eine reinere Haut und dickeres, geschmeidiges Haar. Aus diesem Grund wird die Mikropille oft bei Hautproblemen verschrieben.
Wird die Pille nun abgesetzt, fehlen die künstlichen Östrogene plötzlich und der Hormonspiegel sinkt ab. Im Zuge dieses Ungleichgewichts wird der Einfluss der männlichen Geschlechtshormone größer. Außerdem unterbricht der plötzliche Östrogenmangel die Wachstumsphase der Haare. Bereits nach wenigen Wochen nach dem Absetzen der Pille bemerken betroffene Frauen den Haarverlust.
Haarausfall nach Pillenwechsel
Hormoneller Haarverlust kann auch nach einem Pillenwechsel eintreten. Viele Frauen wollen nicht auf die Einnahme der Pille verzichten, fühlen sich mit dem Präparat was sie einnehmen aber nicht wohl.
Haarausfall tritt u.a. nach dem Wechsel von einer Kombinationspille zu einer östrogenfreien Pille auf. Der Östrogenanteil im Körper sinkt und androgen wirkende Gestagene nehmen Überhand.
Ähnlich ist es beim Wechsel von einer schwachen Minipille zu einer Minipille, die Gestagene mit einer stärker androgenen Wirkung enthält. Auch bei einer Kombinationspille kann der Wechsel zu einer Pille mit einem anderen Gestagen das Risiko für Haarausfall erhöhen.
Wachsen die Haare nach dem Absetzen der Pille wieder nach?
Wenn die Haare plötzlich ausfallen, versetzt das die betroffenen schnell in Panik. Meist beginnt das wenige Wochen nach dem Absetzen der Pille. Die Angst vor kahlen Stellen und einem lichten Scheitel wächst mit jedem Tag und jedem Haarbüschel, der sich in der Haarbürste sammelt.
Haarausfall bei der Einnahme, nach dem Absetzen oder dem Wechsel der Pille ist nicht unüblich. So erschreckend das auch sein mag: Im Normalfall ist der Verlust der Haare nicht von Dauer. Der Körper benötigt einige Zeit, bis das hormonelle Gleichgewicht wiederhergestellt ist. Das kann wenige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Sind die Haare auch erst einmal ausgefallen, dauert es einige Zeit, bis sie wieder die gewohnte Fülle und Länge erreicht haben.
Haarausfall durch Pille: Was kann ich tun?
Wer den Entschluss gefasst hat, die Pille abzusetzen oder zu wechseln, kann sich schon im Vorfeld auf den möglichen Haarverlust vorbereiten. Ein Heilmittel gibt es zwar nicht, doch mit den richtigen Tipps und Tricks kann ein extremes Ausdünnen der Haare zumindest vorgebeugt werden.
1. Mit einem Arzt sprechen
Bevor die Pille abgesetzt oder gewechselt wird, ist ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt empfehlenswert. Dieser kann im Vorfeld über mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufklären und bei der Wahl einer nebenwirkungsarmen Verhütungspille Ratschläge geben. Wenn ein Pillenwechsel erfolgen soll, kann der Frauenarzt eine Pille mit einem geringeren Gestagengehalt verschreiben - sowohl eine Kombinationspille, als auch eine Minipille. Das verringert das Risiko für starken Haarverlust beim Pillenwechsel.
2. Auf die Ernährung achten
Gesundes und volles Haar ist nicht nur eine Sache der Gene und Hormone, sondern hängt auch von der Ernährungsweise ab. Eine ausgewogene und vitalstoffreiche Ernährung kann dabei helfen, den Haarausfall nach dem Absetzen der Pille einzudämmen. Wichtig ist es, auf eine ausreichende Vitamin- und Mineralstoffzufuhr zu achten. Für ein gesundes Haarwachstum werden u.a. die B-Vitamine, Vitamin H, Zink, Eisen, und Selen benötigt.
Um das hormonelle Ungleichgewicht nicht zu verstärken, sollte der Konsum von tierischen Produkten wie Fleisch- und Wurstwaren sowie Kuhmilch und Milchprodukte eingeschränkt werden. Sie können den Hormonhaushalt beeinflussen. Stattdessen sollten vor allem Proteine aus pflanzlichen Quellen, gesunde Fette, Ballaststoffe sowie eine ausreichende Wasserzufuhr auf dem Speiseplan stehen.
3. Das Kopfhaar schonen
Ebenso wie sich die Ernährung von innen auf den Haarzustand auswirkt, beeinflusst die Haarpflege das Haar von außen. Vor dem Absetzen der Pille sollte man sich daher Gedanken machen, ob die Haarpflegeroutine nicht verbessert und vor allem schonender für das Haar gestaltet werden könnte. Dazu zählen:
- seltener Haare waschen
- milde Produkte ohne aggressive Tenside verwenden z.B. Babyshampoo
- so oft wie möglich auf Hitze verzichten
- Verwendung von Trockenshampoo, Volumenpuder u.Ä. reduzieren
- Kopfmassagen
4. Mittel gegen Haarausfall verwenden
Im Kampf gegen den Haarverlust gibt es eine Reihe von verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Arzneimitteln sowie Drogerieprodukte, die Haarausfall vorbeugen sollen. Wenn das Haar nach dem Absetzen der Pille verstärkt ausfällt, kann mit Hilfe von Minoxidil entgegengesteuert werden. Minoxidil ist rezeptfrei in der Apotheke erhältlich, doch hat z.T. unangenehme Nebenwirkungen.
Ein sanfteres Mittel auf natürlicher Basis ist Rezilin. Die Basilikum-Extrakt Haarkur wurde zur Anwendung bei nicht krankheitsbedingtem Haarausfall wie z.B. in den Wechseljahren oder nach dem Absetzen der Pille entwickelt. Dank der enthaltenen Öle versorgt das Mittel Kopfhaut und Haar mit wertvollen Nährstoffen und Feuchtigkeit.
5. Auf Haarefärben verzichten
Mit Hilfe von Colorationen und Blondierungen kann das Haar in allen erdenklichen Farben gefärbt werden. Gleichzeitig strapaziert das Färben und Blondieren die Haarstruktur und auch die Kopfhaut sehr, was den Haarausfall durch die Pille verstärken kann. Um den Haarverlust so gering wie möglich zu halten, ist es ratsam, nach einem Pillenwechsel bzw. nach dem Absetzen der Pille für eine Weile auf das Färben und Blondieren zu verzichten.
6. Dem Körper Zeit geben
Hormone sind ein bedeutsames Steuerungselement des Körpers. Die Einnahme der Antibabypille verändert das hormonelle Gleichgewicht und nach dem Absetzen schaltet der Körper nicht sofort um. Meist dauert es einige Wochen, bis der Haarausfall einsetzt. Genau so dauert es anschließend einige Wochen, bis der Körper von selbst wieder ausreichend eigene Hormone produziert und das Ungleichgewicht ausgleicht. Das kann ca. 3-6 Monate dauern und in dieser Phase ist mit verstärktem Haarverlust zu rechnen. Und so unangenehm das auch ist - anstelle in Panik zu verfallen, muss man dem Körper die Zeit zur “Wiederherstellung” geben.
Fazit
Haarausfall durch die Pille ist ein recht häufig auftretendes Phänomen. Fällt das Haar nach dem Absetzen der Pille plötzlich büschelweise aus, sitzt der Schock bei den betroffenen Frauen tief. Ein Grund zur Beunruhigung ist das aber grundsätzlich nicht, denn ein Absetzen oder Wechsel der Pille bringt den Hormonhaushalt kräftig durcheinander. Der Körper benötigt eine Weile, um sich auf diese Veränderung einzustellen und nach wenigen Monaten stoppt der Haarausfall im Normalfall von allein.
Um den Haarverlust bestmöglich einzudämmen, sollte auf eine gesunde Ernährung und eine schonende Haarpflege geachtet werden.
Häufige Fragen
Verursacht jede Pille Haarausfall?
Grundsätzlich besteht bei jedem Eingriff in den Hormonhaushalt das Risiko, dass das Haar währenddessen oder nach dem Absetzen ausfällt. Vor allem bei der Kombi-Pille wird das häufig beobachtet.
Ist Haarausfall wegen der Pille reversibel?
Sobald sich der Hormonhaushalt wieder eingependelt hat, bessert sich meist auch der Haarausfall. Eine Garantie gibt es dafür jedoch nicht.
Verursacht auch eine östrogenfreie Pille Haarausfall?
Auch östrogenfreie Pille können das Haarwachstum beeinflussen und unter Umständen Haarausfall verursachen.
Lässt sich Haarausfall wegen der Pille stoppen?
Ist die Pille Grund für den Haarverlust, helfen meist nur das Absetzen der Pille bzw. Geduld. Nahrungsergänzungsmittel und eine passende Haarpflege können dabei helfen, den Haarverlust einzudämmen.
QUELLEN
- Sabine Zenker: Haarausfall. 2017.
- Harald J. Schneider, Nicola Jacobi & Joscha Thyen: Die Pille – und andere hormonelle Verhütungsmethoden. 2020.
- Riedel-Baima: Female pattern hair loss may be triggered by low oestrogen to androgen ratio.. 2008.